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Enterale Ernährung

Julia Wagner

Julia Wagner
Ernährungsexpertin
Gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin

Was ist enterale Ernährung?

Die enterale Ernährung ist eine Form der künstlichen Ernährung. Die Nahrung wird in flüssiger Form mit geringer Viskosität entweder als Trinknahrung oder als Sondennahrung über eine Ernährungssonde verabreicht und vom Verdauungstrakt verwertet. Die Ernährungssonde kann über die Nase in den Magen oder Dünndarm oder über eine künstliche Verbindung zwischen Bauchdecke und Magen oder Dünndarm verlegt werden. Welche Form der enteralen Ernährung angewendet wird, hängt von der Grunderkrankung ab. Außerdem spielt es eine Rolle, wie lange eine künstliche Ernährung voraussichtlich notwendig sein wird.

Enterale Ernährung kann ich einer Klinik, in Pflegeheimen und zuhause durchgeführt werden.

Welche Formen von enteraler Ernährung gibt es?

In der enteralen Ernährung unterscheidet man die Nährstoffzufuhr über Trinknahrung oder über eine Ernährungssonde:

  • Trinknahrung wird wie normale Nahrung aufgenommen. Sie wird verwendet, wenn der gesamte Verdauungskanal voll funktionsfähig ist, es aber Probleme gibt, herkömmliche Nahrung zu kauen oder zu schlucken. Auch bei Trinknahrung unterscheidet man – so wie bei Sondennahrung – zwischen Standard- und Spezialnahrung.
Nutricomp Drink D
Normokalorische Trinknahrung mit Ballaststoffen (Marke Nutricomp, Hersteller Bbraun)
Fortimel Energy
Hochkalorische Standard-Trinknahrung auf Milchbasis (Marke Fortimel Energy, Hersteller Nutricia)
Resource Fruit
Hochkalorische, fett- und ballastofffreie Trinknahrung mit Fruchtsaft (Marke Resource Fruit, Hersteller Nestlé Health Service)
Lovital Pro 8.5
Instant-Eiweißpulver zum Anrühren, angereichert mit Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen (Marke Lovital, Hersteller CuraProducts)
Nutrison Soya
Normokalorische Trinknahrung mit Sojaprotein ohne Milcheiweiß (Marke Nutrison Soya, Hersteller Nutricia)
ProvideXtra Drink
Hochkalorische, voll resorbierbare Trinknahrung für Patienten mit Malassimilationssyndrom (Marke ProvideXtra, Hersteller Fresenius Kabi)
Infatrini
Trinknahrung mit Ballaststoffen zur Ernährungstherapie von Säuglingen und Kleinkindern bis 18 Monate (Marke Infatrini, Hersteller Nutricia)
Modulen IBD
Stoffwechselangepasstes Pulver zur Herstellung von Trinknahrung speziell für Morbus-Crohn-Patienten (Marke Modulen IBD, Hersteller Nestlé Health Service)
Diben Drink
Hochkalorische eiweißreiche Trinknahrung bei gestörter Glukosetoleranz (Marke Diben, Hersteller Fresenius Kabi)
  • Bei der enteralen Ernährung über eine Sonde wird spezielle Sondennahrung über einen dünnen Schlauch direkt in den Magen oder Dünndarm gegeben. Die Ernährungssonde kann auf zwei verschiedene Arten verlegt werden: Einmal über Nase, Rachen und Speiseröhre bis in den Magen oder Dünndarm (transnasale Ernährungssonden). Eine andere Variante ist die perkutane Ernährungssonde, die über eine künstliche Bauchöffnung direkt in Magen oder Dünndarm gelangt. Man unterscheidet verschiedene Arten perkutaner Ernährungssonden. Dazu gehören die PEG-SondeJET-PEG-SondePEJ-Sonde und FKJ-Sonde. Welche Sondenart verwendet wird, hängt davon ab, welche Grunderkrankung vorliegt und wie lange die künstliche Ernährung nötig sein wird.
Fresubin Energy
Hochkalorische Sondennahrung ohne Ballaststoffe (Marke Fresubin Energy, Hersteller Fresenius Kabi)
Isosource Standard
Normokalorische Sondennahrung (Marke Isosource, Hersteller Nestlé Health Service)
Nutrison Soya
Milcheiweißfreie Sondennahrung (Marke Nutrison Soya, Hersteller Nutricia)
Nutricomp Energy Fibre
Hochkalorische Standardnahrung mit Ballaststoffen (Marke Nutricomp, Hersteller BBraun)
Dolpina Energy Protein MCT
Sondennahrung für Patienten mit erhöhtem Eiweißbedarf und Ballaststoffunverträglichkeit (Marke Dolpina Energy Protein MCT, Hersteller Dolp)
Nutrison Complete Multi Fibe
Hochkalorische Sondennahrung (Marke Nutrison Complete Multi Fibre, Hersteller Nutricia)
Frebini Original
Normokalorische ballaststofffreie Sondennahrung für Kinder (Marke Frebini Original, Hersteller Fresenius)
Supportan
Eiweißreiche, fettreiche Sondennahrung (Marke Supportan, Hersteller Fresenius Kabi) für Patienten mit onkologischen und chronisch-katabolen konsumierenden Erkrankungen
Nutrison Advanced Diason
Sondennahrung für Patienten mit Blutzuckerschwankungen (Marke Nutrison Advanced Diason, Hersteller Nutricia)

Sowohl Trink- als auch Sondennahrung kann als alleinige Nahrungsquelle dienen (vollbilanzierte Diät) oder in bestimmten Fällen die herkömmliche Ernährung ergänzen.

Wann kommt enterale Ernährung zum Einsatz?

Ist ein Patient nicht mehr in der Lage, ausreichend Nahrung aufzunehmen, muss er künstlich ernährt werden, um eine Mangelernährung zu verhindern. Wenn es möglich ist, sollte dabei der enteralen Ernährung im Vergleich zur Infusionstherapie (sogenannte parenterale Ernährung) der Vorzug gegeben werden. Reicht die Zugabe von Trinknahrung allein nicht aus oder liegt eine Störung in den oberen Verdauungsabschnitten vor, wird die enterale Ernährung über eine transnasale oder perkutane Sonde durchgeführt. Die Gründe für die Ernährung über eine Magen- oder Dünndarmsonde können sehr unterschiedlich sein. Einige mögliche Ursachen/Indikationen sind:

  • schwere Mehrfachbehinderungen, die eine normale Nahrungsaufnahme unmöglich machen   
  • Krebserkrankungen – Tumore im oberen Verdauungstrakt, im HNO-Bereich oder starke Abmagerung durch die Krebserkrankung (Kachexie)
  • Magersucht und Nahrungsverweigerung
  • Appetitlosigkeit über einen längeren Zeitraum
  • Erkrankungen des Verdauungstraktes, die die Nahrungsverwertung beeinträchtigen wie beispielsweise chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Colitis Ulcerosa oder Morbus Crohn) und das Kurzdarmsyndrom
  • Whipple-OP und Gastrektomie
  • Nieren- und Pankreasinsuffizienz
  • neurologische Störungen, die häufig mit Schluckstörungen einhergehen wie Schlaganfall, oder Bewusstseinsstörungen wie Wachkoma
  • intensivmedizinische Betreuung
  • anhaltender Durchfall durch Clostridien
  • Kau- und Schluckstörungen (Dysphagie)
  • fortgeschrittene Demenz
  • Wundheilungsstörungen
  • Diabetes mellitus
  • Mukoviszidose
  • Altersschwäche

Was sind die Ziele der enteralen Ernährung?

Das primäre Ziel von einer enteralen Ernährung ist, eine konstante Versorgung des Patienten mit Nährstoffen zu gewährleisten, um dadurch die bestehende Mangel- bzw. Unterernährung zu beheben, damit er schnell wieder zu Kräften kommt, sich sein Immunsystem stabilisiert und sein Gesundheitszustand verbessert.
Darüber hinaus wird ein zeitnaher Umstieg zurück auf eine orale, natürliche Ernährungsweise angestrebt.
Ein weiteres Ziel ist die Funktionserhaltung des Verdauungstrakts und der Darmzotten.
Ziele der enteralen Ernährungstherapie und -beratung sind es, aufgrund der zuvor gestellten Diagnose einen Ernährungsplan zu erstellen, diesen ggf. immer wieder anzupassen und die Entwicklung genauestens zu beobachten (Monitoring) und zu dokumentieren.

Welche Produktvarianten gibt es?

Man unterscheidet enterale Nahrung in dreierlei Hinsicht:

  • Art der Kost: Vollkost, leichte Vollkost, Schonkost und Reduktionsdiät
  • Standard- und Spezialdiäten: Standarddiäten differenziert man hinsichtlich ihrer Kaloriendichte in nieder-, normo- und hochkalorische Diäten. Standard-Trink- und Sondennahrung enthält in einer ausgewogenen Zusammensetzung alle Nährstoffe, die der Organismus braucht, um reibungslos zu funktionieren. Dazu gehören Kohlenhydrate, Proteine, und Fette, aber auch Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente und Ballaststoffe.
    Bei Spezialdiäten steht ebenfalls eine Vielzahl an Produkten zur Verfügung, die an die speziellen Anforderungen aufgrund bestimmter Erkrankungen angepasst sind. Es gibt deshalb Produkte mit oder ohne Ballaststoffe, speziellem Eiweißgehalt usw.
  • Hoch- und niedermolekulare Kost: Während hochmolekulare Nahrung nur dann verabreicht werden kann, wenn der Verdauungstrakt größtenteils funktionsfähig ist, wird niedermolekulare Kost verschrieben, wenn der Patient an Malabsorption leidet. Die Nährstoffe können bei niedermolekularer Kost leichter resorbiert werden.

Abhängig von der Grunderkrankung kann für jeden Patienten die geeignete Ernährung und passende Nährstoffversorgung zusammengestellt werden. So lässt sich der Ernährungszustand und damit auch die Lebensqualität und Gesundheit von Patienten deutlich verbessern.

Was sind die Vor- und Nachteile enteraler Ernährung?

Julia Wagner

Julia Wagner
PROLIFE homecare GmbH, Kaufungen

Julia Wagner ist gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin, arbeitet seit 2013 im Außendienst und seit 2022 bei PROLIFE. Sie ist für die Betreuung aller Versorgungsbereiche zuständig, wobei ihr Arbeitsschwerpunkt auf dem Bereich Ernährung liegt. Ihr liegt besonders am Herzen, dass die Ernährungsberatung nach den besten medizinischen Maßstäben erfolgt.


Häufige Fragen und Antworten

Fragen - Antworten

Wie lange erfolgt enterale Ernährung?

Enterale Ernährung – egal ob mittels Sonden- oder Trinknahrung – ist per se nicht zeitlich begrenzt und ist somit ohne größere Probleme langfristig möglich. Doch das Ziel ist, den Patienten, wenn möglich, schnell wieder auf orale Ernährung umzustellen. Enterale Ernährung erfolgt so lange wie nötig, bis der Körper sich von der Mangel- und Unterernährung erholt hat.
Muss der Patient bis zu sechs Wochen mittels einer Sonde ernährt werden, reicht meistens ein nasogastraler Zugang. Beträgt die Dauer jedoch mehr als sechs Wochen, wird in aller Regel eine perkutane Magen- oder Dünndarmsonde gelegt.

Wer trägt die Kosten für enterale Ernährung?

Laut § 31 Abs. 5 SGB V haben Versicherte einen Anspruch auf eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung. Das gilt, sofern eine medizinische Notwendigkeit besteht und keine alternativen Therapiemaßnahmen infrage kommen, z.B. die Verbesserung des Ernährungszustandes durch Nahrungsergänzungsmittel.
Sind die Bedingungen für die Verschreibung von künstlicher Ernährung erfüllt, übernimmt die Krankenkasse die entsprechenden Kosten. Die Zuzahlung für gesetzlich Versicherte beträgt 10 % des Abgabepreises, mind. 5 €, max. 10 €, jedoch nicht mehr als die Kosten des Produkts selbst.

Wer fällt die Entscheidung über die Anwendung enteraler Ernährung?

Enterale Ernährung darf nur unter zwei Voraussetzungen zum Einsatz kommen: Der Patient muss sich ausdrücklich damit einverstanden erklären und es muss eine medizinische Notwendigkeit zur Anwendung bestehen.

Ist der Patient nicht in der Lage, diese Entscheidung selbst zu treffen, kommt es darauf an, ob er eine Patientenverfügung und/oder eine Vorsorgevollmacht erlassen hat. Liegt nichts von beiden vor, entscheidet ein vom Vormundschaftsgericht gesandter Betreuer im mutmaßlichen Sinn des Patienten über den Einsatz enteraler Ernährung oder Alternativmaßnahmen. Dabei werden alle entscheidenden Faktoren wie Indikationen, Kontraindikationen und der individuelle Gesundheitszustand des Patienten berücksichtigt.

Was ist der Unterschied zwischen enteraler und parenteraler Ernährung?

Während der Patient bei enteraler Ernährung entweder über eine Sonde oder mittels Trinknahrung ernährt wird, weil er nicht mehr imstande ist, feste Nahrung über den Mund zu sich zu nehmen, wird bei der parenteralen Ernährung der Magen-Darm-Trakt umgangen und alle notwendigen Nährstoffe direkt über einen Venenzugang oder einen zentralen Venenkatheter ins Blut geleitet. Parenterale Ernährung ist immer dann notwendig, wenn es zu erheblichen Funktionsstörungen im Verdauungstrakt kommt und eine alternative Ernährungsform (oral oder enteral) nicht möglich ist.

Was ist bei der Hygiene zu beachten?

Damit die Sondenkost nicht mit Keimen kontaminiert wird, müssen bei der künstlichen enteralen Ernährung genaue Hygienegrundregeln beachtet werden. Ansonsten können Keime zu Infektionen und Vergiftungen führen. Bevor mit der Sondennahrung, dem Überleitsystem oder an der Ernährungssonde hantiert wird, müssen die Hände gründlich gewaschen oder auch desinfiziert werden. Überleitsysteme müssen regelmäßig gewechselt werden, bei kontinuierlicher Sondenkost-Applikation spätestens nach 24 Stunden. Auch die Spritze, die zum Spülen der Ernährungssonde verwendet wird, muss höchsten hygienischen Ansprüchen genügen. Angebrochene Flaschen oder Beutel mit Sondennahrung müssen im Kühlschrank aufbewahrt werden. Dabei ist streng auf das Haltbarkeitsdatum zu achten. Pulverförmige Sondenkost muss mit abgekochtem Wasser oder frischem, stillen Mineralwasser angerührt werden. Dabei wird nur die jeweils benötigte Portion zubereitet. Überschüssige Sondenkost darf nicht aufgehoben werden, da das Kontaminationsrisiko zu hoch ist.

Auch Trinknahrung kann einen Nährboden für Keime bilden. Das gilt insbesondere für bereits angebrochene Flaschen, aus denen man direkt getrunken hat. Diese sollte man innerhalb von maximal zwölf Stunden aufbrauchen und sie währenddessen nicht in der Sonne stehen lassen.

Wie kann ich Komplikationen bei Sondenernährung vermeiden?

Wird die Sondenernährung über einen längeren Zeitraum durchgeführt, treten häufig Komplikationen wie Übelkeit, Erbrechen, Verstopfung oder Durchfall auf. Mit folgenden Maßnahmen lassen sich diese Beschwerden vermeiden:

  • Die Sondenkost sollte Raumtemperatur haben.  

  • Es muss die geeignete Applikationsform (kontinuierlich oder intermittierend) gewählt werden.  

  • Die Applikationsgeschwindigkeit muss angepasst werden.  

  • Der Oberkörper muss hochgelagert werden (30 bis 45 Grad).  

  • Es muss die richtige Sondenkost verwendet werden.  

  • Die Hygienerichtlinien müssen beachtet werden.

Was ist bei enteraler Ernährung von Frühgeborenen zu beachten?

Frühgeborene haben im Gegensatz zu Reifgeborenen einen erhöhten Bedarf an Energie, Proteinen, Kalzium und Phosphat. Daher ist es wichtig, den Nährstoffbedarf zu supplementieren, damit das Wachstum und die Gehirnentwicklung nicht beeinträchtigt werden.
Frühgeborene werden direkt nach der Geburt meist parenteral ernährt. Sie sollten jedoch so früh wie möglich Schritt für Schritt auf eine enterale Ernährung mit supplementierter Frauenmilch oder Nahrung speziell für Frühgeborene umgestellt werden, um das Risiko bakterieller Infektionen und Nekrosen zu minimieren. Hierfür gibt es das Konzept der minimalen enteralen Ernährung (kurz: MEN). Für einen Zeitraum von etwa 5 bis 14 Tagen wird neben der parenteralen Ernährung Milch zugeführt, um die Entwicklung der Aktivität des Magen-Darm-Traktes zu fördern.
Ferner muss eine regelmäßige Überprüfung von Bauchumfang, Magenresten und Stuhl bzw. des Mekoniums (erster Stuhl) stattfinden.