Welche Stomaversorgungssysteme gibt es?
Man unterscheidet die Versorgungssysteme nach den folgenden Merkmalen:
Einteilige oder zweiteilige Stomabeutel?
Beim einteiligen System bilden Beutel und Haftfläche eine fest verbundene Einheit. Der Vorteil dabei ist, dass die Beutel flexibel sind und nicht auftragen. Jedoch müssen einteilige geschlossene Systeme jedes Mal komplett gewechselt werden. Dies kann bei häufigem Wechsel zu Hautreizungen führen. Ein weiterer Nachteil – auch im Hinblick auf den Umweltschutz – ist der dadurch bedingte hohe Materialverbrauch.
Beim zweiteiligen System liegen Haftfläche und Beutel separat vor. Beide Bestandteile werden entweder mit einem Rastring mittels eines Druckknopfsystems oder mit klebendem Material miteinander verbunden. Beim Zweiteiler können geschlossene oder Ausstreifbeutel verwendet werden. Ein Vorteil ist in der längeren Nutzungsdauer der Basisplatte unabhängig vom Beutelwechsel zu sehen. Somit wird die Haut geschont, insbesondere beim häufigen Wechsel geschlossener Systeme. Allerdings ist zu bedenken, dass der Rastring mehr aufträgt, gerade bei körperbetonter Kleidung. Außerdem ist die Trägerplatte in Verbindung mit der Haftfläche nicht so flexibel wie beim einteiligen System.
Die Entscheidung für das eine oder andere System obliegt dem Anwender je nach persönlicher Präferenz, sofern sie nicht durch die Stomaart vorgegeben wird.
Art der Haftfläche: flach, konvex oder konkav?
Bei einem ebenmäßigen oder nur leicht verformten Hautareal rund um das Stoma genügt eine flache Haftfläche, ergänzt durch Abdichtpaste oder modellierbares Hautschutzmaterial.
Ist der Bauch im Stomaumfeld durch Narben, Vertiefungen oder Eindellungen konkav geformt und liegt das Stoma unter Hautniveau, wird eine konvexe Haftfläche verwendet, die durch Andruck eine höhere Dichtigkeit bietet. Haftflächen werden in unterschiedlichen Konvexitätsgraden angeboten, sowohl als einteiliges als auch als zweiteiliges System. Bei stark konvexen Haftflächen ist jedoch äußerste Vorsicht geboten, denn wird ein zu starker Druck auf den parastomalen Bereich ausgeübt, kann es zu Durchblutungsstörungen und somit zu Nekrosen kommen. Aus diesem Grund sollte vor der Nutzung eine fachliche Beratung erfolgen.
Ist der Bauch durch stärkeres Übergewicht oder durch eine parastomale Hernie (Stomabruch) konvex geformt bzw. das Stoma nach außen gewölbt, schafft eine konkave Form Abhilfe.
Material der Haftfläche?
In der modernen Stomaversorgung werden heutzutage weitestgehend Haftflächen aus durchgehendem Hautschutzmaterial verwendet. Sie besitzen Feuchtigkeit aufnehmende Eigenschaften und bestehen aus hautfreundlichen Gelier- und Verdickungsmitteln wie Gelatine, Pektin und Carboxymethylcellulose. Die Hersteller haben je nach Bedürfnis der Betroffenen eine breite Produktpalette im Angebot, die in der Ausprägung der folgenden Attribute variiert und Einfluss auf die Dauer der Tragezeit hat: die allgemeine Verträglichkeit, der Grad der Haftung (erwünscht ist eine gute Haftung zu Beginn und eine leichte Abziehbarkeit), die Aufnahmefähigkeit von Flüssigkeit und die Widerstandsfähigkeit gegen Feuchtigkeit, was vor allem bei flüssigem Stuhl wichtig ist. Derartige Hautschutzflächen dürfen auch auf entzündete und dadurch leicht nässende Haut geklebt werden, ohne dass der Heilungsprozess gestört wird.
Klebeflächen aus reinem Zinkoxid und Polyacrylat finden in der heutigen Stomaversorgung hingegen kaum noch Anwendung. Auch die Verwendung von Haftflächen mit einem mikroporösen Pflaster, welches einen Hautschutzring umgibt, ist seltener geworden, obwohl sie sich durch eine hohe Anpassungsfähigkeit an die Haut auszeichnen und auch im Wasser besser halten als Flächen aus durchgehendem Hautschutzmaterial. Diese lassen sich aber auch zusätzlich mit einem Pflaster fixieren.
Geschlossen oder offen?
Geschlossene Stomabeutel gibt es in der einteiligen oder zweiteiligen Variante und werden hauptsächlich von Colostomaträgern verwendet. Sie bieten sich besonders dann an, wenn der Stuhl eher fest ist und man nicht mehr als drei Stück pro Tag benötigt. Für die Verwendung von geschlossenen Beuteln sollte man genügend Zeit für den Wechsel einplanen.
Offene Stomabeutel gibt es in Form von Ausstreifbeuteln, welche vor allem bei dünnflüssigem Stuhl (Ileostomie) getragen werden. Da das Ende des Beutels offen ist, kann der Inhalt zu jeder Zeit schnell geleert werden, ohne die Versorgung abnehmen zu müssen. Nach dem Entleeren wird der Beutel am Auslass mit dem integrierten Verschluss wieder verschlossen. Früher gab es vorherrschend Verschlüsse, die mit einer separaten Klammer zu schließen waren, doch heutzutage ist der Verschluss größtenteils integriert, sodass die Bedienung dieses Systems für den Anwender angenehmer ist.
Offene Beutel sind nicht ausschließlich für Ileostomaträger geeignet. Für Colostomaträger ist es sinnvoll, ein paar dieser Beutel auf Vorrat zu haben, falls es mal zu einer Durchfallerkrankung kommt.
Neben den offenen und geschlossenen Stomabeuteln gibt es noch die sog. Post-OP-Beutel, die unmittelbar nach der Stoma-OP zum Einsatz kommen. Sie haben ein großes Fassungsvermögen, sind meist durchsichtig und haben einen variablen Auslass. Zudem haben sie eine größere ausschneidbare Haftfläche, weshalb sie für Patienten mit einem großen, nicht runden Stoma in seltenen Fällen für eine dauerhafte Nutzung infrage kommen.
Ausschneidbare oder vorgestanzte Lochöffnung?
Fakt ist: Jedes Stoma hat seine ganz individuelle Form. Ob rund, klein, oval, groß – die Stomaversorgung wird an jede Form angepasst. Es ist von äußerster Wichtigkeit, dass die parastomale Haut komplett abgedeckt sein muss, um Hautirritationen zu vermeiden. Die Öffnung der Haftfläche des Stomabeutels bzw. der Basisplatte kann entweder nach Bedarf zurechtgeschnitten werden, oder es wird eine vorgestanzte Lochöffnung verwendet (z.B. bei konvexen Haftflächen.
Weitere Merkmale:
Darüber hinaus gibt es drei weitere Merkmale, durch die sich die Versorgungssysteme kennzeichnen und die in ihrer Ausprägung variieren:
a) Filter: Heutzutage weisen so gut wie fast alle Stomabeutel und Stomakappen einen integrierten Filter in Form eines Aktivkohlekissens auf. Durch diesen werden die Darmgase nicht länger zurückgehalten, sondern können geruchsneutral entweichen, so dass sich der Beutel nicht aufbläht. Es gibt die verschiedensten Filtertypen auf dem Markt, die unterschiedliche Kriterien hervorheben, wie z.B. die Widerstandsfähigkeit gegen Feuchtigkeit oder das Passiervolumen. Die Wirkungsdauer eines jeden Filters ist jedoch begrenzt. Je nach Art und Weise der Ernährung und austretender Gasmenge ist der Filter früher oder später erschöpft. Auch wenn der Filter verstopft oder durchnässt ist oder Gerüche austreten, wird es Zeit für einen Filter- oder Beutelwechsel.
b) Vlies: Die meisten Stomabeutel sind mit einem hautfarbenen Vlies überzogen. Dabei gibt es zwei Varianten: ein beidseitiger oder nur einseitiger Vliesüberzug. Verwender eines einteiligen Systems bevorzugen meist einen einseitigen Überzug, damit die Sicht auf den Füllstand weiterhin gegeben ist. Inzwischen ist die beidseitige Variante aus diesem Grund mit einer kleinen Öffnung an der Vorderseite des Vliesstoffes versehen. Eine Alternative besteht darin, einen durchsichtigen Beutel zu wählen.
Das Vlies bietet den entscheidenden Vorteil, dass sich der Beutel angenehmer auf der Haut tragen lässt und sich haptisch besser anfühlt. Ein Nachteil des Vliesstoffes ist hingegen, dass er lange zum Trocknen braucht.
c) Volumen: Stomabeutel gibt es in den verschiedensten Größen. Je größer der Beutel und das Fassungsvermögen, desto schwerer kann er allerdings auch werden. Deshalb sollen die Beutel nicht ganz gefüllt werden, zumal das Gewicht an der Haftfläche zieht und der Beutel durch die Kleidung hindurch sichtbar werden könnte. Vorteilhaft sind große Beutel für diejenigen, die entweder viele Entleerungen pro Tag oder wenig Wechselmöglichkeiten haben.
Midi- oder Minibeutel müssen öfter entleert oder gewechselt werden – dafür bieten sie einen angenehmeren Tragekomfort, insbesondere für kleinere, zierlichere Menschen. Für Babys und Kinder gibt es eigens hergestellte Stomaprodukte.
Es muss nicht zwangsweise kontinuierlich ein Beutel benutzt werden, denn es gibt auch Stomakappen oder Stomastöpsel (z.B. für nach der Irrigation). Während des Tragens kann zwar keine Stuhlentleerung stattfinden, jedoch können die Gase entweichen.