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Familiäre adenomatöse Polyposis (FAP)

Familiäre Adenomatöse Polyposis – was ist das?

Bei der familiären adenomatösen Polyposis (FAP), auch Polyposis coli genannt, handelt es sich um eine Form des erblichen Darmkrebses. Der Dickdarm der Betroffenen ist massiv von Polypen befallen. Diese Polypen sind Wucherungen des Drüsengewebes der Darmschleimhaut. Man nennt sie Adenome. Sie sind zunächst gutartig, doch unbehandelt liegt die Wahrscheinlichkeit, dass einer oder mehrere dieser Polypen entarten und sich zu einem Darmkrebs entwickeln, bei 100 Prozent.

Bei der familiären adenomatösen Polyposis handelt es sich eher um eine seltenere Krebserkrankung. Etwa ein Prozent aller Darmkrebsfälle geht auf die FAP zurück. Insgesamt sind etwa fünf bis zehn von 100 000 Menschen betroffen.
Während der „normale“ Darmkrebs eher im höheren Lebensalter auftritt, erkranken FAP-Patienten schon deutlich früher. Die Erkrankung manifestiert sich im Durchschnitt zwischen 17 und 25 Jahren. Aber es gibt auch Fälle, in denen diese Manifestation bereits im Kindesalter oder auch erst über 25 Jahren auftritt. Das Risiko, dass einer oder mehrere der Polypen bösartig entarten, steigt ab dem 30. Lebensjahr steil an.

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Welche Ursachen gibt es?

Verantwortlich für die familiäre adenomatöse Polyposis ist die Veränderung einer Erbanlage. Dabei handelt es sich um einen vererbten Defekt des auf dem fünften Chromosom gelegenen APC-Gens. APC steht für adenomatöse Polyposis coli. Eine Veränderung dieses Gens begünstig die Entstehung von Darmpolypen.

Dieser Gendefekt wird autosomal-dominat vererbt. Autosomal bedeutet, dass der Gendefekt nicht auf einem der Geschlechtschromosomen, dem X- oder Y-Chromosom, lokalisiert ist. Jungen und Mädchen sind also gleichermaßen betroffen. Da es sich um einen dominanten Erbgang handelt, genügt bereits eine Erbanlage (also von Mutter oder Vater weitergegeben), damit die Erkrankung ausbricht. Ist ein Elternteil Träger des Gendefektes, haben die Nachkommen ein fünfzigprozentiges Risiko, auch zu erkranken.

30 Prozent der FAP-Betroffenen haben die Erkrankung allerdings nicht geerbt. Die Krankheitsursache ist in ihrem Fall eine sogenannte Neumutation des APC-Gens. Die Genveränderung ist bei ihnen also erstmalig aufgetreten. Die Betroffenen können den Gendefekt dann weitervererben.

Wie sehen die Symptome aus?

Die familiäre adenomatöse Polyposis kann über Jahre völlig unauffällig bleiben. Die ersten Polypen entwickeln sich meist zwischen dem 10. und 25. Lebensjahr. Bis diese Polypen erste Symptome verursachen, können Jahre vergehen.
Zu den Symptomen, die durch die Darmpolypen hervorgerufen werden, gehören:

  • Durchfall
  • Verstopfung
  • Wechsel von Durchfall und Verstopfung
  • Blut und/oder Schleimabgang
  • Blähungen
  • Schmerzen (Bauch, Enddarmbereich)
  • Gewichtsverlust

Viele Betroffene weisen außerdem zusätzliche Veränderungen außerhalb des Darmes auf.

  • 50 Prozent entwickeln Epidermoidzysten. Diese Zysten sind gutartige Neubildungen in der Haut.
  • Bei 17 Prozent der Betroffenen treten Zahnanomalien auf. Sowohl die Anzahl der Zähne als auch die Zahnstellung können von der Norm abweichen.
  • 70 bis 90 Prozent haben Osteome. Das sind gutartige Knochentumore, die vor allem am Kopf auftreten.
  • Zehn Prozent haben Desmoide. Desmoide sind gutartige Tumore aus Zellen des Bindegewebes, die sich an den Umhüllungen von Muskeln (Muskelfaszien) bilden.
  • 80 Prozent weisen eine typische Pigmentanomalie der Netzhaut auf. Diese beeinträchtigt das Sehen nicht.
  • Außerdem kann es zur Bildung von Polypen im Magen, Zwölffingerdarm und Dünndarm kommen.

Neben der klassischen FAP gibt es noch die sogenannte attenuierte familiäre adenomatöse Polyposis (aFAP). Bei ihr handelt es sich um eine mildere Variante der FAP. Sie ist durch eine geringere Anzahl an Darmpolypen und ein späteres Erkrankungsalter gekennzeichnet. Trotz des milderen Verlaufs ist das Darmkrebsrisiko ähnlich hoch wie bei der klassischen FAP.

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Wie erfolgt die Diagnose?

Treten typische Darmsymptome der FAP wie Blutauflagerungen, Gewichtsverlust, Durchfall, Verstopfung etc. auf, muss der Darm untersucht werden, um die Ursache dafür aufzudecken. Zu diesem Zweck wird eine Darmspiegelung (Koloskopie) durchgeführt. Dabei führt der Arzt einen etwa fingerdicken Schlauch (Endoskop) über den After in den Darm ein. Am Ende des Schlauches sitzen eine hochauflösende Kamera und eine Lichtquelle. Außerdem können über diesen Schlauch spezielle Instrumente in den Darm eingeführt werden, um beispielsweise Gewebeproben zu entnehmen.

Um das Endoskop in den Darm einführen und die Darmschleimhaut betrachten zu können, muss der Darm zuerst mit Luft gefüllt werden, damit er sich entfaltet. Jetzt kann der Arzt auf einem Monitor, auf den die Kamera des Endoskops die Bilder aus dem Darm überträgt, die Darmschleimhaut betrachten und beurteilen. Findet er einen oder mehrere Polypen, wird er Gewebeproben entnehmen. Diese Proben werden in einem Labor von einem Spezialisten unter dem Mikroskop untersucht. So kann man herausfinden, ob es sich bei den Polypen um Adenome, also Neubildungen aus dem Drüsengewebe des Darmes, handelt. Diese wären typisch für die FAP. Außerdem kann man untersuchen, ob in den entnommenen Proben bereits Krebszellen nachweisbar sind.
Die Darmspiegelung ist keine schmerzhafte Untersuchungsmethode. Doch kann es als unangenehm empfunden werden, wenn der Darm mit Luft gefüllt wird. Deshalb steht es den Patienten frei, diese Untersuchung auch in einem leichten Dämmerschlaf durchführen zu lassen.

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3D gerenderte Illustration einer Coloskopie

Die oben genannten Symptome außerhalb des Darmes wie Zahnfehlstellungen, Osteome, Epidermoidzysten etc. sind meist schon vor den typischen Darmsymptomen erkennbar. Besteht deshalb der Verdacht auf eine familiäre adenomatöse Polyposis, sollten auch ohne Darmsymptomatik Untersuchungen durchgeführt werden, um in diesen Fällen eine FAP frühzeitig zu erkennen oder auszuschließen. Das Gleiche gilt, wenn innerhalb der Familie ein FAP-Fall bekannt ist. Dazu wird der Darm per Darmspiegelung untersucht. Außerdem kann eine molekulargenetische Untersuchung, in der nach der Mutation des APC-Gens gefahndet wird, Klarheit schaffen. Dazu wird eine Blutprobe des Betroffenen in einem molekulargenetischen Labor analysiert.
Wurde bei einem Familienmitglied eine Mutation des APC-Gens nachgewiesen, sollten nach einer humangenetischen Beratung auch alle anderen in Frage kommenden Familienmitglieder ab zehn Jahren untersucht werden. Die Familienmitglieder, die die Erkrankung nicht geerbt haben, werden dadurch schon frühzeitig entlastet. Wurde die Mutation vererbt, können Betroffene schon vor Ausbruch der Erkrankung in einem Vorsorgeprogramm engmaschig kontrolliert werden. Auf diese Weise werden Veränderungen rechtzeitig erkannt und mit Hilfe einer geeigneten Therapie kann verhindert werden, dass die Polypen sich zu einem Darmkrebs entwickeln.

Vorsorgeprogramm
 

Alter Untersuchung Häufigkeit
ab 10. Lebensjahr körperliche Untersuchung einmal jährlich
Enddarmspiegelung (wenn Polypen entdeckt werden, komplette Darmspiegelung) einmal jährlich
Ultraschalluntersuchung des Bauchraumes einmal jährlich
augenärztliche Untersuchung auf Veränderungen der Netzhaut (bei unklarem oder fehlendem molekulargenetischem Test) einmalig
vor der vorsorglichen Entfernung des Dickdarms und Mastdarms Magenspiegelung (Ösophago-Gastro-Duodenoskopie) -
vor 20. Lebensjahr vorsorgliche Entfernung von Dickdarm und Mastdarm -
nach der Operation bei verbliebenem Mastdarm Mastdarmspiegelung (Rektoskopie) alle vier Monate
bei vollständig entferntem Mastdarm Spiegelung der angelegten Dünndarmtasche (Pouchoskopie) einmal jährlich
ab 30. Lebensjahr Magenspiegelung (Ösophago-Gastro-Duodenoskopie) alle drei Jahre
wenn in der Magenspiegelung Polypen entdeckt wurden jährlich

Welche Therapien gibt es?

Bei einer nachgewiesenen familiären adenomatösen Polyposis besteht die einzige Möglichkeit, die Entstehung von Darmkrebs zu verhindern, in der vorsorglichen Entfernung des Dick- und Mastdarms. Wann diese prophylaktische Operation durchgeführt wird, ist individuell verschieden. Die Entscheidung darüber wird von den Untersuchungsbefunden, insbesondere von den Ergebnissen der regelmäßigen Darmspiegelungen, abhängig gemacht. Wenn es die Untersuchungsbefunde erlauben, wird empfohlen, die Pubertät abzuwarten.

FAP-Patienten sollten in Zentren für familiären Darmkrebs betreut werden, da sie auf die Betreuung, Diagnostik und Therapie von erblichem Darmkrebs spezialisiert sind. Informationen zu diesen Zentren finden Sie auf der Webseite der Deutschen Krebshilfe.

Im Wesentlichen gibt es drei Operationsmethoden der FAP:

Der ileo-anale Pouch

Der ileo-anale Pouch ist heute die international empfohlene Operationstechnik. Bei dieser Operation wird der Dickdarm vollständig entfernt. Der Schließmuskel bleibt allerdings erhalten. Aus dem freien Ende des Dünndarmes wird eine Tasche gebildet und an den Schließmuskel angenäht. Damit diese komplizierte Naht geschützt wird und in Ruhe ausheilen kann, wird vorübergehend ein künstlicher Darmausgang angelegt. Nach ein bis drei Monaten kann der künstliche Ausgang zurückverlegt werden. Nun übernimmt die Dünndarmtasche teilweise die Funktion des Dickdarmes und entzieht dem Stuhl Wasser. Allerdings kann sie diese Aufgabe nicht genauso perfekt erledigen wie ehemals der Dickdarm. Aus diesem Grunde haben Betroffene einen etwas erhöhten Flüssigkeitsverlust, der wieder ausgeglichen werden muss. Patienten, bei denen diese Operationstechnik angewandt wurde, haben durchschnittlich drei bis sechs Stuhlentleerungen pro Tag.

Die ileo-anale Anastomose

Auch bei dieser Operationstechnik wird der Dickdarm entfernt. Allerdings verbleibt der Enddarm und wird mit dem freien Ende des Dünndarmes verbunden. Diese Art der Operation kann nur durchgeführt werden, wenn der Enddarm polypenfrei ist. Dieser muss dann im Rahmen der Nachsorge engmaschig untersucht und sich eventuell bildende Polypen müssen entfernt werden, da diese bösartig entarten können.
Auch bei dieser Operation haben die Betroffenen häufigere Stuhlentleerungen.

Totale Proktokolektomie mit Ileostoma

Bei diesem Eingriff werden der Dick- und Enddarm und der Schließmuskel vollständig entfernt und es wird ein dauerhafter künstlicher Darmausgang angelegt. Dieser Eingriff wird nur dann durchgeführt, wenn bereits ein bösartiger Tumor im unteren Enddarm vorliegt. Die beiden oben genannten Operationstechniken eigenen sich nicht, weil mit ihnen nicht sichergestellt werden kann, dass der Tumor vollständig entfernt wird.

Der künstliche Darmausgang, auch Stoma genannt, entsteht, indem das Dünndarmende mit einer operativ angelegten Öffnung in der Bauchdecke verbunden wird. Der Stuhl fließt dann nach außen ab und wird in einem speziell dafür entwickelten Beutelsystem aufgefangen. Viele Betroffene sind natürlich schockiert, wenn sie erfahren, dass sie für immer einen künstlichen Darmausgang erhalten. Doch die meisten kommen nach einer Eingewöhnungszeit in ihrem Alltag gut damit zurecht. Vor und vor allem auch nach der Operation stehen ihnen Spezialisten und Berater zur Seite. Sie schulen sie in der Stomapflege und helfen dabei, die geeignete Stomaversorgung zu finden. Heute gibt es moderne Hilfsmittel, die es den Betroffenen ermöglichen, ihren Alltag mit Job, Sport und Urlaub trotz Stoma zu meistern und auch wieder zu genießen.

Unter unserer Rubrik Stoma erhalten Sie noch ausführlichere Informationen zum Ileostoma.