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Ulcus Cruris

Im Überblick

Was ist ein Ulcus cruris?

Der Begriff „Ulcus Cruris“ bezeichnet eine chronische Wunde am Unterschenkel, die nicht heilen will. Der Volksmund spricht manchmal von einem „offenen Bein“. Ulcus bedeutet im Lateinischen Geschwür und cruris leitet sich von dem lateinischen Wort für Unterschenkel ab. Ein Ulcus cruris tritt also nicht an den Füßen auf wie der Diabetische Fuß. Der Begriff Ulcus cruris bezeichnet also lediglich den Ort einer Wunde, es ist noch keine Diagnose. Für eine Diagnose muss der Arzt herausfinden, welche Ursachen hinter einem Ulcus cruris stecken. Erst wenn die jeweilige Ursache behandelt wird (Kausaltherapie), kann die Wundversorgung (Lokaltherapie) zum Erfolg führen.

Was sind die Ursachen für ein Ulcus cruris?

Grundsätzlich ist für ein Ulcus cruris in der Regel eine mangelnde Nährstoffversorgung von Gewebe und Haut infolge einer bestimmten Grunderkrankung verantwortlich. Dabei können zwar verschiedene Grunderkrankungen zu einem offenen Bein führen, die bei weitem häufigsten Ursachen sind aber eine Venen- und/oder Arterienschwäche.

Die häufigsten Krankheitsbilder, die ein Ulcus Cruris zur Folge haben können, sind:

  • Chronisch-venöse Insuffizienz: Venenerkrankung, bei der sich das Blut in den Beinen staut und nicht optimal zum Herzen zurückfließt. In der Folge leidet die Nährstoffversorgung der Haut am Unterschenkel und ein Ulcus cruris venosum (venöses Beingeschwür) kann entstehen. Diese Grunderkrankung ist bei Weitem die häufigste Ursache für ein offenes Bein – bis zu 70% aller Ulcus cruris sind auf eine Venenschwäche zurückzuführen
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Ursachen einer Chronisch venösen Insuffizienz
  • Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK): Arterielle Durchblutungsstörung am Unterschenkel, bei der sich Gefäße verengen oder sogar verschließen (betroffen sind meist Bein- und Beckenarterien). Durch die Unterversorgung der Haut mir Nährstoffen und Sauerstoff entsteht schon bei leichten Verletzungen ein Ulcus cruris arteriosum (arterielles Beingeschwür). In ca. 10% der Fälle ist eine solche arterielle Durchblutungsstörung für ein Ulcus cruris verantwortlich
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Schemaskizze periphere arterielle Verschlusskrankheit
  • Gemischt venös-arterielle Erkrankung: Es kann auch vorkommen, dass sowohl der venöse und der arterielle Blutkreislauf beschädigt sind. Dieses Krankheitsbild kommt bei ca. 10 % der Betroffenen eines offenen Beines vor. Ein hieraus entstehendes Beingeschwür wird als Ulcus cruris mixtum bezeichnet
  • Diabetes mellitus: Auch bei Stoffwechselerkrankungen wie zum Beispiel einem Diabetes mellitus besteht die Gefahr eines offenen Beines. Durch die Diabetes kann es zu einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) oder einer Schädigung der Nerven kommen (Polyneuropathie)

Daneben können noch eine Reihe weiterer Grunderkrankungen für ein offenes Bein ursächlich sein. Hierzu zählen zum Beispiel rheumatische Erkrankungen (rheumatoide Arthritis), Tumore, Infektionen oder genetische Defekte (Klinefelter-Syndrom).

Wie wird ein Ulcus cruris diagnostiziert?

Hinter einem Ulcus cruris können also ganz verschiedene Erkrankungen stecken. Deshalb ist eine genaue Diagnostik Voraussetzung für eine Wundheilung. Doch immer wieder plagen sich Patienten über viele Jahre mit chronischen Wunden herum, ohne dass geklärt ist, ob eine chronisch-venöse Insuffizienz oder eine periphere arterielle Verschlusskrankheit Ursache für das Geschwür ist. Wenn eine Wunde trotz Therapie nach zwei Monaten keine Anzeichen von Heilung zeigt – spätestens dann sollten Patienten einen Wundspezialisten aufsuchen.

Für die Diagnostik bietet die ABCDE-Regel eine Orientierung:

  • A wie Anamnese: Der Arzt befragt den Patienten zu seiner „Wundgeschichte“. Er fragt nach sonstigen Beschwerden und Erkrankungen sowie nach Krankheiten in der Familie.
  • B wie Bakterien: Ein bakteriologischer Abstrich kann Aufschluss darüber geben, ob zum Beispiel multiresistente Erreger vorliegen. Doch selten sind Bakterien alleinige Ursache chronischer Wunden.
  • C wie Klinische Untersuchung: Hierbei schaut sich der Arzt die Wunde genau an: Wo liegt die Wunde, wie sieht die Wunde genau aus, wie sind Wundrand und Wundumgebung beschaffen (s. Tabelle)? Solche Details können schon Aufschluss über die Ursachen geben.
  • D wie Durchblutung: Dafür wird sowohl das arterielle als auch venöse Gefäßsystem untersucht. Um die Funktion der Arterien zu testen, tastet der Arzt die Fußpulse und bestimmt den Knöchel-Arm-Index (s. periphere arterielle Verschlusskrankheit und Ulcus cruris arteriosum). Ein Wert von unter 0,9 gilt als Hinweis für eine periphere arterielle Verschlusskrankheit, was mittels Ultraschall bestätigt werden sollte. Ein Ultraschall der Beinvenen gibt Aufschluss über eine mögliche chronisch-venöse Insuffizienz.
  • E wie Extras: Damit ist eine weiterführende Diagnostik gemeint wie beispielsweise eine Gewebeprobe oder Untersuchungen, die einer Polyneuropathie im Rahmen eines Diabetes mellitus auf die Spur kommen können.
Ulcus cruris venosum Ulcus cruris arteriosum
Wo befindet sich das Geschwür? Innenknöchel (beim Gamaschenulcus um den ganzen Unterschenkel herum) Außenseite des Unterschenkels, ggf. am Schienbein
Welche Grunderkrankung liegt vor? chronisch-venöse Insuffizienz periphere arterielle Verschlusskrankheit
Welche Schmerzen treten auf?
  • Einschränkung durch geschwollene Beine
  • Linderung durch Hochlagern
  • Schmerzen nach kurzer Gehstrecke
  • Linderung durch Stehenbleiben
  • Schmerzen auch in Ruhe und nachts
  • Linderung durch Heraushängenlassen des Beins aus dem Bett
Wie sieht die Haut aus?
  • Trocken
  • Schuppig
  • braun oder weißlich-vernarbte Verfärbungen
  • Besenreiser
  • Krampfadern
  • Blass
  • Weiß
  • Fahl
  • marmoriert oder bläulich, glänzend und haarlos
  • Nekrosen oder Gangrän (untergegangenes, schwärzlich verfärbtes Gewebe) an Zehen
  • Zehennägel verdickt
Sind die Beine geschwollen? Ödeme am Knöchel oder Unterschenkel Keine
Wie ist die Temperatur der Haut? Warm Kalt
Sind Fußpulse tastbar? Tastbar Nicht oder kaum tastbar
Wie sieht der Wundrand aus? diffuser Wundrand klar abgegrenzter Wundrand
Wie ist die Wunde beschaffen?
  • feucht-glänzend
  • viel Exsudat (Absonderungen)
  • schmierige Beläge
  • entzündliche Ablagerungen
  • Wundverband ist durchnässt und aufgeweicht
  • Trocken
  • eher wenig Exsudat
  • Sehnen und Knochen liegen eventuell frei
  • Nekrosen
  • Wundverband ist eher trocken

Wie wird ein Ulcus cruris therapiert?

Ist die Diagnose abgesichert, heißt es, mit der Therapie den erschlafften Venen oder verkalkten Arterien auf die Sprünge zu helfen. Bei der chronisch-venösen Insuffizienz sollten also gegebenenfalls Krampfadern verödet oder gezogen, defekte Venenklappen rekonstruiert werden. Zentral ist die Kompressionstherapie, begleitet von Bewegung und Sport. So kann die Muskelpumpe die Kompression durch Strumpf oder Bandagen unterstützen. Vorsicht ist allerdings geboten, wenn auch eine periphere arterielle Verschlusskrankheit mitbeteiligt ist: Dann muss der Arzt sorgfältig abwägen, ob Kompressionsstrümpfe oder -bandagen zu verantworten sind.

Patienten mit einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, die rauchen, sollten sich vor allem darum bemühen, von der Zigarette loszukommen. Auch andere Faktoren, die die Gefäße schädigen, sollten sie in den Griff zu bekommen, wie Bluthochdruck, zu hohe Blutzucker- und Blutfettwerte. Kathetereingriffe oder eine Bypassoperation, verbunden mit durchblutungsfördernden Medikamenten können die Arterien wieder durchgängiger machen. Ein Gehtraining in Intervallen steht bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit im Zentrum der Behandlung, insbesondere wenn die Krankheit noch nicht so weit fortgeschritten ist.

Zur Versorgung der Wunde gehören eine regelmäßige Wundreinigung und eine Wundtoilette (Débridement), um abgestorbenes Gewebe, Fremdkörper, Abfallstoffe oder überschüssiges Exsudat zu entfernen, sowie ein geeigneter Verband oder Wundauflage, welche eine schnellere Wundheilung ermöglichen. Die Wahl der Wundauflage hängt zum Beispiel davon ab, in welcher Wundheilungsphase sich das Ulcus befindet, wie viel Exsudat es absondert und wie Wundrand und Wundumgebung aussehen.